Mögliche Schadenshöhe im Einzelfall

Die Schadenshöhe ist individuell verschieden. Es kommt maßgeblich darauf an, wie viele Fahrzeuge etwa eine Spedition in Dienst hat und wie hoch der Anschaffungspreis für diese Fahrzeuge war.
Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die durch die unerlaubten Preisabsprachen verursachten Mehrkosten je Fahrzeug bei ungefähr 15 % des jeweiligen Kaufpreises liegen. Wenn man von einer groben Preisspanne für mittelschwere und schwere LKW zwischen 70.000 und 120.000 EURo ausgeht, wird unmittelbar deutlich, wie stark sich also die ungerechtfertigten Absprachen ausgewirkt haben.
Geht man von einem um 15% erhöhten Anschaffungspreis aus, ergäbe sich bei einem Anschaffungspreis für einen LKW i. H. v. 70.000 EURO immerhin ein Schaden i. H. v. 10.500 EURO, bei einem Anschaffungspreis i. H. v. 120.000 EURO beliefe sich der Schaden sogar auf 18.000 EURO.

Genau bezifferbar wird der Schaden allerdings erst dann sein, wenn ein sog. wettbewerbsökonomisches Gutachten eingeholt wurde. Gute und belastbare Anhaltspunkte hinsichtlich des Ausmaßes der überhöhten Preise könnten sich indes auch aus den Ermittlungsakten der EU-Kommission ergeben, die in Anbetracht der Dauer der Ermittlungen und der Höhe der verhängten Geldbuße detaillierte Informationen zu den Feststellungen der EU-Wettbewerbsbehörde enthalten müssen.

Allgemeine Möglichkeiten der Geschädigten zur Durchsetzung ihrer Ansprüche

Wie sollten Geschädigte jetzt vorgehen?
Wie im Wirtschaftsleben üblich, sollte zunächst besonnen agiert werden, und der Kontakt sowohl zum Händler als auch zum Hersteller gesucht werden. Diese Kontaktaufnahme sollte schriftlich erfolgen. Idealerweise durch die Fragestellung, wie der Händler respektive Hersteller mit den Schäden umgehen möchte bzw. mit der Aufforderung, Ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Hierbei scheint eine Fristsetzung angemessen und auch aus rechtlicher Perspektive zu empfehlen. Unbedingt erforderlich ist in diesem Zusammenhang die Erstellung einer Auflistung sämtlicher im maßgeblichen Zeitraum (1997-2011) gekauften oder geleasten LKW´s der betroffenen Hersteller.

Falls innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion erfolgt oder die Reaktion unangemessen ist, sollte ein mit der Materie vertrauter Anwalt eingeschaltet werden, der idealerweise über Expertise im Bereich der Haftung und Konfliktlösung verfügt.

Ein spezialisierter Anwalt ist unter Zuhilfenahme eines wettbewerbsökonomischen Gutachtens in der Lage, den entstandenen Schaden zu beziffern. Durch eine bezifferte Forderung unter Fristsetzung kann die Gegenseite in Verzug gesetzt werden, wenn sie die berechtigten Forderungen nicht erfüllt. Um nicht durch die verfrühte Einschaltung eines Anwaltes den eigenen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Anwaltskosten gegenüber der Gegenseite zu riskieren, unterstützen wir Sie mit unserer Erfahrung bei der Wahl des richtigen Zeitpunktes.

Bereits im außergerichtlichen Bereich können die Mechanismen des kollektiven Rechtsschutzes ausgenutzt werden, um aus einer Position der Stärke heraus zu agieren. Ein einzelner Kunde wird einem Großkonzern kaum auf Augenhöhe gegenübertreten können. Bei einer großen Gruppe von Kunden mit einer starken und einheitlichen anwaltlichen Vertretung ist die Ausgangssituation für Verhandlungen eine deutlich stärkere.

Wer ist geschädigt?

Ansprüche der geschädigten Erwerber und Mieter von überteuerten LKW

Aufgrund der Tatsache, dass die Hersteller ihre Schuld eingeräumt haben und die verhängten Bußgelder akzeptiert haben, steht fest, dass sie ihren Kunden, die im Zeitraum von 1997 und 2011 Fahrzeuge der betroffenen Hersteller gekauft oder geleast haben, erhebliche Vermögensschäden zugefügt haben.

Hinsichtlich dieser Schäden ergeben sich eine ganze Reihe von zivilrechtlichen Ansprüchen, die die Geschädigten den Kartellanten gegenüber geltend machen können.
Betroffen ist jeder Käufer oder Mieter von mittelschweren und schweren LKW´s (LKWs zwischen 6 und 16 t und schwerer als 16 t) der Hersteller MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DA. Insbesondere wurden also Speditionen geschädigt, unabhängig davon ob die betreffende Spedition mit gekauften oder geleasten LKW operiert. Neben den Käufern solcher LKW´s sind auch Leasingnehmer betroffen, da sich der überhöhte Kaufpreis für die LKW in überhöhten Leasingraten niederschlug bzw. entsprechend weitergegeben wurde.

Geschädigt sind alle Unternehmen, die zwischen 1997 und 2011 in Europa einen Lastwagen der im Kartell zusammengeschlossenen Hersteller gekauft haben. Durch die Preisabsprache ist ein Schaden entstanden, der ersetzt werden muss. Die EU-Kommission ermittelte nicht ohne Grund und stellte sich als Ermittlungsbehörde über das deutsche Kartellamt. Grund: Die Einflussnahme auf den LKW-Markt beeinträchtigt ganz Europa, da die Hersteller 9 von 10 LKW auf europäischen Straßen im relevanten Zeitraum verkauft hatten. Brüssel erklärte den LKW-Kartellschaden kurzerhand zu einer „Europäischen Angelegenheit“. Juristen gehen davon aus, dass Schadensersatz fällig wird.

Um den Schaden ermessen zu können, eine statistische Aussage: Allein in 2010 wurden 240.000 LKW in Deutschland zugelassen. Insgesamt könnten rund 3,3 Millionen Fahrzeuge hochgerechnet betroffen sein. Sollte die Preismanipulation nur 1.000 Euro pro LKW ausgemacht haben, dann ergäbe dies eine Summe von rund 3,3 Milliarden Euro. Hinzukommen Zinsansprüche, da der LKW-Kauf teils bis zu 19 Jahre zurückliegt.

Geschädigt wurden Speditionen, mittlere und kleinere Fuhrunternehmen, LKW-Flotten sowie Einzelunternehmer. Hinzu kommt die Verzinsung der Schadenssumme zum Teil über 19 Jahre.

Ansprüche stellen können

  • Kommunale Betriebe
  • Fuhrunternehmen jeglicher Art
  • Im Insolvenzverfahren stehende Unternehmen

Zur Klärung der Schadenshöhe ist ein kompliziertes finanzmathematisches Gutachten notwendig.

Welche Fahrzeuge sind betroffen?

Preisabsprachen betreffen alle mittleren und schweren LKW, die zwischen 1997 und 2011 von MAN, IVECO, DAF, Daimler sowie Volvo/Renault als Neufahrzeuge in Europa verkauft wurden. Ein Schadensersatzanspruch besteht unstrittig bei LKW-Käufen. Bei Leasing-Fahrzeugen müssen zusätzliche komplizierte Gutachten herangezogen werden. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass überhöhte Bruttoeinkaufspreise auch zu höheren Leasinggebühren geführt haben. Die Kartellanten haften übrigens gesamtschuldnerisch.

Ansprüche an Logistikunternehmen

Wer Logistikdienstleistungen in Anspruch genommen hat, kann keine Schadensersatzforderungen geltend machen, da die Spediteure selbst an den Kartellabsprachen nicht beteiligt waren.

Forderungen nach Insolvenz

Viele Speditionsunternehmen sind dem Preisdruck der letzten Jahre nicht mehr gewachsen und wurden zahlungsunfähig. Diese Zahlungsunfähigkeit wurde oftmals durch zu höhe Einkaufspreise beim LKW-Einkauf ausgelöst. In aktuellen Verfahren sind Hersteller und Händler sicherlich Anspruchsgegner für die Insolvenzverwaltung. Insolvent gegangene Unternehmen sollte zur Geltendmachung ihrer Forderungen einen erfahrenen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen.