Welche Möglichkeiten der gerichtlichen Durchsetzung bestehen und was kostet es?
Wenn sämtliche außergerichtlichen Einigungsversuche scheitern, sind die Geschädigten auf den Gerichtsweg angewiesen.
Kollektiver Rechtsschutz
Deutsche Wirtschaftskanzleien bieten Geschädigten des LKW-Kartells die Möglichkeit, durch Bündelung der Interessen vieler Mitstreiter im Verfahren um Schadensersatz eine bessere Position zu erreichen.
Zur Durchsetzung der Rechte stehen grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl:
Ihr persönliches Gerichtsverfahren
Die erste Möglichkeit ist die individuelle Vertretung in einem Gerichtsverfahren. Der Geschädigte setzt alleine mit anwaltlicher Vertretung seine Ansprüche durch. Auf diese Weise kann ein hoher Grad an Individualität in der Bearbeitung erzielt werden. Die spezialisierten Anwälte werden in Einzelverfahren grundsätzlich auf Grundlage der gesetzlichen Gebührenordnung tätig, deren konkrete Höhe sich nach dem Gegenstandswert bemisst. Zu berücksichtigen ist die Besonderheit, dass zur Bezifferung der Schäden regelmäßig ein wettbewerbsökonomisches Gutachten notwendig ist, dessen Kosten sich regelmäßig auf einen mittleren fünfstelligen Betrag belaufen. Die individuelle Vertretung macht insbesondere dann Sinn, wenn ein einzelner Geschädigter in einer Vielzahl von Fällen geschädigt worden ist, beispielsweise weil er eine größere Anzahl von LKWs erworben hat.
Als Streitgenossen im Team vor Gericht
Die zweite Möglichkeit ist ein gemeinsames Vorgehen als Streitgenossen. In diesem Falle werden mehrere Geschädigte in einem Verfahren zusammengefasst. Voraussetzung für diese Möglichkeit ist es, dass ein einheitlicher Anspruchsgegner besteht. Beispielsweise könnten sich mehrere geschädigte Kunden von MAN zusammenfinden und als Streitgenossen gegen MAN vorgehen. Der Vorteil gegenüber einem individuellen Vorgehen besteht darin, dass die Kostenlast nach den gesetzlichen Anwaltsgebühren aufgrund der Gebührendegression für den einzelnen Geschädigten geringer ausfällt. Ferner könnten vorbehaltlich einer Prüfung des Einzelfalles auch die Kosten für das wettbewerbsökonomische Gutachten geteilt werden, wenn es sich jeweils um die gleichen oder vergleichbare Fahrzeuge handelt. Der kollektive Rechtsschutz führt hier also nicht lediglich zu einer Wissenszentrierung, sondern darüber hinaus zu einer unmittelbaren Kostenersparnis.
Ansprüche abtreten – und jemand anderes steht vor Gericht
Schließlich besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass geschädigte Kunden die ihnen zustehenden Ansprüche an eine zu diesem Zweck gegründete Gesellschaft, eine sogenannte Klägergesellschaft, abtreten. Dies hat den Vorteil, dass die Fälle völlig ungleich gelagert sein können und auch verschiedene Anspruchsgegner angegangen werden können, soweit ein einheitlicher Gerichtsstand besteht. Allerdings wirft das Modell der Klägergemeinschaften in jüngster Zeit immer wieder steuerrechtliche Probleme auf, weshalb dieses Modell einer besonders sorgfältigen anwaltlichen Gestaltung bedarf. Kostenrisiken würden in jedem Fall minimiert, Wissenszentrierung wäre gewährleistet.
Was ist kollektiver Rechtsschutz?
Das deutsche Recht sieht grundsätzlich keine Sammelklagen vor, das bedeutet jedoch nicht, dass der einzelne Geschädigte dem jeweiligen Konzern alleine gegenübersteht. Wenn eine Vielzahl von Geschädigten von denselben Anwälten vertreten werden, so ist es möglich, die gewonnenen Kenntnisse aus einem Verfahren auf andere Verfahren zu übertragen. Dasselbe gilt für Argumentationslinien, die zum Erfolg geführt haben und positive Urteile (Wissenszentrierung).
Ferner können die Prozesskosten signifikant gesenkt werden, da die teilweise hohen Kosten für ein wettbewerbsökonomisches Gutachten, die zu den üblichen Anwalts- und Gerichtskosten noch hinzutreten, geteilt werden können. Wenn mehrere Fälle gleich oder vergleichbar liegen, so genügt vorbehaltlich der Prüfung der Einzelfälle ein einziges Gutachten für eine Vielzahl von Fällen. Schließlich werden die Anspruchsgegner, vorliegend Großkonzerne, eher geneigt sein, eine große Gruppe von geschädigten Kunden mit kompetenter und prozesserfahrener anwaltlicher Vertretung als Verhandlungspartner ernst zu nehmen als einen einzelnen Kunden. Kollektiver Rechtsschutz schafft Verhandlungsstärke!
Bei allen zuvor erwähnten Möglichkeiten der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen kann auf die Grundlagen und die Wissenszentrierung des kollektiven Rechtsschutzes zurückgegriffen werden. Die Vorteile des kollektiven Rechtsschutzes bestehen auch bei einem individuellen Vorgehen, da sich Erfahrungswissen und möglicherweise auch Gutachten aus anderen Verfahren – selbstverständlich anonymisiert – übertragen lassen.